„Es ist Valentinstag!“, rief meine ehemalige Kollegin Miriam (Name geändert) vor einigen Jahren laut durch die Kantine. Sie lebte es in diesem Jahr so sehr, dass sie einen Pullover mit Herzchen trug.
Dann sah sie uns strahlend an und wiederholte: „Es ist Valentinstag! Ist das nicht schön?“. Die meisten Kolleg*innen lächelten, da Miriam sich allgemein großer Beliebtheit erfreute. Und frisch verliebt war. Ich hingegen brummte schlecht gelaunt etwas von „ist doch alles nur Konsum“, vor mich hin und wünschte mir in dem Moment, ich wäre irgendwo alleine essen gegangen. Ein Kollege bekam meine Reaktion mit und fragte provokant lachend: „Na, gerade Single?“. Natürlich traf er damit ins Schwarze. Ich war unfreiwillig Single. Und das schon seit einigen Jahren, mit kurzen Unterbrechungen. Dabei wollte ich endlich nur zu zweit statt allein sein. Das ist auch ein legitimes Bedürfnis – wir Menschen brauchen Kontakt und nahe Bindung. Warum ich heute trotzdem sage, dass Single sein, auch mal für eine längere Zeit, gut sein kann, habe ich hier einmal zusammengefasst.
Was bringen Single-Phasen?
Wie alles im Leben hat auch das Single sein Vor- und Nachteile. In der Gesellschaft, so mein Eindruck, wird es langsam akzeptierter und man ist nicht mehr der Sonderling, wie man es teilweise noch vor einigen Jahren war, wenn man auch mal längere Zeit alleine gewesen ist. Es gibt sogar einen „Ehrentag der Singles“, jedes Jahr am 15. Februar. Als Pendant zum weitaus bekannteren Valentinstag, der gerade unfreiwilligen Singles schon mal aufs Gemüt schlagen kann. Denjenigen fallen vielleicht auch keine Vorteile an ihrer Situation ein. Das ist ok. Man muss das Single sein nicht mögen. Und man kann es sich anders wünschen und auch nach einem neuen Partner Ausschau halten. Gerade in Singlephasen liegt auch die Chance zur persönlichen Weiterentwicklung. Daher kann es nach einer Beziehung sinnvoll sein, zumindest eine Weile für sich zu bleiben. Zum Beispiel kann man es nutzen, um einmal bewusst zu schauen, warum es in den letzten Beziehungen bzw. Kennenlernphasen nicht (mehr) geklappt hat. Welches Verhalten möglicherweise vom Partner dazu beigetragen hat und, noch wichtiger, wie unsere Reaktion darauf oder unser Verhalten war. Oft sind dies Themen und Muster, die wir schon eine ganze Weile mit uns herumtragen und auch in die nächste Beziehung mitnehmen würden. Früher oder später zeigen sie sich dort dann wieder. Natürlich spielt dabei auch das Gegenüber eine Rolle. Wenn wir nun aber die Zeit nutzen und beginnen, in unserem Inneren aufzuräumen, so können wir künftig auch bewusster mit unseren Themen umgehen. Wir können zum Beispiel in Situationen, die für uns sinnbildlich eine rote Flagge sind, kommunizieren, wie wir uns fühlen und was unser Bedürfnis ist. So geben wir dem Partner die Chance uns zu verstehen. Und wir können reifere Beziehungen führen, in denen z. B. auch Themen/ Diskussionen konstruktiver genutzt und nicht ständig wiederholt werden. Letzten Endes ist es so, dass uns in der Regel kaum ein Mensch im Erwachsenen-Leben so nah kommt, wie der Partner (Kinder natürlich ausgenommen). Daher erinnert uns das häufig an früher erlernte Muster, die meist tief eingeprägt sind. Auch diese lassen sich nach und nach verändern. Das ist ein Prozess, der mal schneller und mal langsamer geht. Eine professionelle Begleitung kann hierbei unterstützen, gerade wenn sich die Muster immer wiederholen oder die unfreiwillige Singlephase partout nicht enden will.
Dinge für sich entdecken
Aber nicht nur, um ggf. an sich zu arbeiten, sind Singlephasen gut. Auch, um einmal aus der berühmten Komfortzone herauszutreten und Dinge einmal allein auszuprobieren oder sich erstmal seiner eigenen Wünsche bewusst zu werden, eignen sich diese super. Ich selbst habe mich so vor ein paar Jahren getraut, mit dem Alleinreisen anzufangen. Das war vorher undenkbar für mich und war auch nicht immer einfach. Nun ist es eine Erfahrung, die ich nicht missen möchte, denn ich habe dadurch viel erlebt. Da es im Leben immer wieder vorkommen kann, dass wir auf uns allein gestellt sind, freute ich mich irgendwann darüber. Letzten Endes hat man die Chance sich selbst nochmal anders kennenzulernen und zu entdecken, was man braucht, welche Bedürfnisse man hat (auch in einer Partnerschaft) und was eben nicht mehr funktioniert. Dabei geht es nicht darum, ein perfekter Mensch zu werden oder einen perfekten Menschen zu finden. Das ist auch (zum Glück) kaum möglich. Wir haben alle unsere kleinen und größeren Eigenheiten, schließlich sind wir Menschen. Durch das Bewusstmachen und be-/ verarbeiten unserer Themen, können wir allerdings einen Umgang damit erlernen, was einiges nach und nach leichter macht.
Es braucht ein Gegenüber
So viel zu den Vorteilen. Was sind nun aber die Nachteile des Alleinseins? Erwiesenermaßen sind wir Menschen soziale Wesen, die Kontakte brauchen. Sei es für Gespräche, als Unterstützung, für gemeinsame Erlebnisse, um diese Erfahrungen zu teilen usw. Auch Freunde, Verwandte, Bekannte und ggf. Kolleg*innen können diesen Part ausfüllen - ein soziales Netzwerk ist auch wichtig. Manchen Menschen reicht das, denn sie sind ansonsten gerne mit sich allein. Andere wünschen sich hingegen mehr die Nähe einer Partnerschaft. Womöglich sind sie auch schon eine Weile oder länger Single und schaffen es (noch) nicht, diesen oft ungeliebten Status hinter sich zu lassen. Dates und Kennenlernen werden dann leider auch mal unentspannter, womöglich für beide Seiten.
Ist jemand wiederum nach einer Trennung schon jahrelang Single und vermeidet es, eine neue Beziehung einzugehen, so lohnt sich auch hier ggf. ein Blick ins Innere: Macht Bindung Angst? Wenn ja, warum? Was befürchtet die-/derjenige? Es können z. B. (unbewusst) Dinge wie Verlustangst dahinterliegen. Oder auch die Angst davor, sich jemanden so zu zeigen, wie man ist. Das macht verletzlich.
Wenn man denn dann wieder mit jemanden in einer Partnerschaft lebt, so hat das viele und hoffentlich überwiegend gute Seiten. Endlich wieder Valentinstag 😊… Kleiner Scherz. Zusammen Dinge unternehmen, sich austauschen und einfach nur die Nähe und die Zeit zusammen genießen ist etwas Schönes und macht das Leben bunter. Natürlich können sich auch hier irgendwann Themen oder wunde Punkte zeigen. Mit Sicherheit sogar. Mit allem, was man in der Singlephase über sich lernen durfte, kann sich der Umgang damit dann zum einen ändern und zum anderen bietet auch das wieder Raum und Chance miteinander und für sich zu wachsen.
Ein kleines Licht am Ende des Beitrags, falls du gerade, vielleicht auch schon länger unfreiwillig Single bist: Nichts im Leben ist endlich. Alles kann sich ändern. Was du, neben dem oben Beschriebenen, tun kannst, ist dich zu fragen, wie du dir die Zeit im Hier und Jetzt, Tag für Tag, möglichst angenehm gestalten kannst.
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