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AutorenbildVanessa K

Sorry seems to be the hardest word

Aktualisiert: 9. Feb.


Warum fällt es manchen Menschen schwer, sich zu entschuldigen? Ich rede nicht davon, dass man sich für alles entschuldigen sollte oder muss. Aber wenn man sich anderen gegenüber ungünstig verhalten hat und vielleicht absichtlich etwas gesagt oder getan hat, dass einen anderen Menschen verletzt hat (kann in einem Streit schon mal passieren), macht es Sinn.

Dennoch tut man sich schwer, einen Schritt auf die andere Person zuzugehen. Eher riskiert man einen Vertrauensverlust oder sogar Kontaktabbruch. Dabei können ein Gespräch und eine Entschuldigung manchmal Wunder bewirken. Und: Beziehungen entwickeln sich dadurch weiter. Was macht eine Entschuldigung nun aber so schwer? Wie auf dem Foto zu sehen, ist es u. a. mit Scham verbunden. Nicht nur der anderen Person gegenüber, sondern auch sich selbst. Das mag uns nicht Mals bewusst sein. Klingt erstmal verwirrend. Stellen wir uns zum besseren Verständnis einmal eine (erfundene) Geschichte dazu vor:


Manuels Wut

Manuel (38) hat in seinem Elternhaus leider viel Häme erlebt. Sein Vater hat sich häufig über ihn lustig gemacht, wenn er Dinge nicht sofort konnte und ihn vor anderen bloßgestellt. Zwar ist Manuel mittlerweile erwachsen und führt ein selbstständiges Leben. Dennoch hat er oft das Gefühl, anderen gegenüber sein Können beweisen zu müssen. Mit dem Verhalten seines Vaters bringt er das zunächst nicht in Verbindung. Das ist doch schon so lange her. Als seine neue Partnerin Annalena (41) eines Abends eine lustig gemeinte Bemerkung über ihn macht, weil er beim „Mensch ärgere dich nicht“ schon fünfmal gegen sie verloren hat, wird er ihr gegenüber plötzlich laut. Sie ist schockiert: „So kannte ich ihn noch gar nicht. Er wurde richtig ungehalten, egal was ich gesagt habe“. Da Manuel sich nicht bei ihr entschuldigt hat und auch kein Gespräch mehr möglich war, hat Annalena ihm in einer Nachricht geschrieben, dass sie ihre noch frische Beziehung so nicht weiterführen möchte. Manuel hatte ihre vorherigen Kontaktversuche abgeblockt. Er ist sich keiner Schuld bewusst. Sie hat sich doch über ihn lustig gemacht und sich damit „falsch“ verhalten. Er schweigt lieber und nimmt das Beziehungsende in Kauf. Eine Entschuldigung? Warum?

Was Trigger, Scham und Schuld bewirken können

Was ist hier passiert? Manuel wurde durch Annalenas Verhalten unbewusst an die Situationen mit seinem Vater erinnert. Gerade frühkindliche Erfahrungen prägen uns tief, auch, weil unser Gehirn zu der Zeit noch in der Entwicklung ist. Die Erinnerung hat Manuel unbewusst getriggert. Mit dem Unterschied, dass es sich gegenüber Annalena im Streit entladen hat, während er sich gegen seinen Vater als Kind früher nicht wehren konnte. Er war ja abhängig von ihm. Auch, wenn er Annalena gegenüber übertrieben und unangemessen reagiert hat, sieht er das selbst nicht so. Der Grund liegt ebenfalls im Gehirn: Gerne wollen wir recht behalten und uns Fehler nicht eingestehen. Lieber sehen wir die „Schuld“ nur beim Anderen. Unser Gehirn benötigt hierfür weniger Energie. Gerade bei eher selbstkritischen und perfektionistischen Menschen ist das häufiger der Fall. Scheitern ist zudem mit Schamgefühlen verbunden und Scham spürt niemand gerne. Auch der gesellschaftliche Umgang mit Fehlern spielt eine Rolle. In unserer leistungsbezogenen Gesellschaft kommt scheitern manchmal fast einem Gesichtsverlust gleich, statt als ein Ausprobieren von Dingen gesehen zu werden. Was könnte Manuel tun, um in unserer Geschichte vielleicht noch die Kurve zu kriegen? Da ich die Geschichte schreibe, sieht mein Wunsch-Ende folgendermaßen aus:


Sich selbst bewusster werden

Manuel begreift mit etwas Abstand, dass er Annalena gegenüber überreagiert hat. Er weiß nicht, warum das passiert ist. Es ist ihm aber vorher auch schon mit Freunden und Kollegen passiert, wenn diese sich einen (kleinen) Scherz erlaubt hatten. Ein guter Freund hat deshalb den Kontakt zu ihm abgebrochen. Da er Annalena vermisst, traut er sich, ihr doch noch zu schreiben. Sie freut sich darüber, sagt ihm aber, dass sie Angst hat, dass er wieder ungehalten wird. Das möchte sie für sich nicht. Manuel versteht das. Da er offen für Weiterentwicklung ist, beginnt er eine Therapie/ Beratung. Es gelingt ihm den Zusammenhang zu seiner Kindheitserfahrung herzustellen. Das Bewusstwerden ist ein wichtiger Schritt für ihn. Auch, wenn er in entsprechenden Situationen noch getriggert wird, so schafft er es nach und nach einen anderen Umgang damit zu erlernen und sich selbst besser zu regulieren. Er erlernt es, seine Gefühle wahrzunehmen sowie mitzuteilen - das nimmt dem Ganzen häufig schon die Spitze. Auch begreift und verinnerlicht er durch die therapeutische Arbeit mit inneren Anteilen schrittweise, dass Fehler machen menschlich ist. Annalena und er sind aktuell kein Paar, haben aber regelmäßig Kontakt.


Soviel zu einem idealen Verlauf. Was aber, wenn sich jemand nicht entschuldigen kann/ möchte und/ oder kein Gespräch mehr möglich ist? Andere Menschen kann man nicht ändern, dass klappt in der Regel nur, wenn sie es selber wollen. Sich selbst und den Umgang mit der Situation bzw. dem Menschen, durch den man sich verletzt fühlt, aber schon. Auch, wenn es manchmal erstmal Zeit braucht, um es zu verarbeiten.




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